Dienstag, 9. Oktober 2012

1. Leben: Schöpfung vs. Notwendigkeit I

In einigen Teilen der Welt kam die Wissenschaft noch nicht an oder wurde sogar wieder vertrieben. Dort erzählen sich Menschen Geschichten über alte Männer, die gleich einem Uhrmacher alles im Universum geschaffen haben. In manchen dieser Geschichten ist es auch nur ein alter Mann. Nennen wir ihn Gott. Unter den Geschichtenerzählern gab und gibt es erbitterte Kämpfe darüber, wessen Geschichte die einzig wahre ist. Denn natürlich beanspruchen alle die einzig wahre Wahrheit zu erzählen. Und manchmal sterben sogar ein paar Menschen bei diesen Streitigkeiten. Inhaltlich sagen die bekanntesten dieser Geschichten, dass jener Gott das Universum so geschaffen hat, damit wir nach den Regeln des alten Mannes leben können. Und als Dank für unser frommes Leben gewährt uns Gott dann das ewige Leben im Jenseits - je nach Geschichte mit ein paar zusätzlichen Annehmlichkeiten wie beispielsweise Jungfrauen. Allen Geschichten gemein ist, dass sie den Ursprung unserer Existenz außerhalb der physikalischen Wirklichkeit suchen. Denn: Gott gehorcht der Physik nicht, die Physik gehorcht Gott.

Stellen wir kurz ein paar Fakten fest. Du liest das. Du bist dir bewusst, dass du das liest. Ebenso bist du dir bewusst, dass du lebst. Die physikalischen Gegenbenheiten auf unserem Planeten haben dein Leben möglich gemacht. Den Geschichten zufolge hat der alte Mann die physikalischen Gegenbenheiten so eingerichtet, damit dein Leben möglich ist.

Ich biete eine andere Erklärung.

Die physikalische Wirklichkeit entstand mit ihren Gesetzen und Konstanten im Urknall. Geschichtenerzähler könnten hier erwidern, dass der Urknall von Gott so eingerichtet wurde. Das so entstandene Universum ist groß, sehr groß. Nahezu unendlich groß. Die Zeit, die seit dem Urknall vergangen ist (rund 14 Milliarden Jahre) ist sehr, sehr lang. In dieser Zeit entstanden und vergingen unzählige chemischen Verbindungen. Aufgrund der nahezu unendlichen Größe des Universums und der unvorstellbar langen Zeit, die es existiert sind nahezu alle möglichen chemischen Verbindungen schon entstanden und wieder vergangen. Wenn Leben, das heißt sich selbst reproduzierende chemische Verbindungen möglich sind, dann - sei die Wahrscheinlichkeit noch so gering - wird irgendwo irgendwann im Universum eine solche Verbindung entstehen.
Kurz: Die Existenz von Leben ist eine notwendige Folge der Beschaffenheit des Universums. Nicht nur das. Sogar die Existenz von intelligentem Leben ist eine notwendige Folge. Nicht notwendig ist jedoch unsere Existenz. Wir hätten vor Millionen Jahren schon untergehen können. Wir sind zufällig diejenige Spezies gewesen, die als erste die intellektuelle Nische füllte. Wären wir es nicht, so wäre es eine andere Spezies gewesen. Irgendwo. Irgendwann.

Es ist also kein Gott gegebenes Wunder, dass du lebst, sondern ein notwendiger Zufall.


D'Ahrc

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