Mittwoch, 21. Mai 2014

5. Überzeugungen: Unterdeterminiertheit durch Evidenz

Angenommen, wir wissen, dass 10€ für Äpfel und Orangen ausgegeben wurden und wir wissen, dass ein Apfel 1€ kostet und eine Orange 2€, können wir dann sagen, wie viele Äpfel gekauft wurden?

Nein, können wir nicht. Wir können nur einige Hypothesen ausschließen, aber die Menge der möglichen Hypothesen wird nie auf ein Element reduziert. Dies wird Unterdeterminiertheit durch Evidenz genannt. Weil wir zwei Variablen haben, aber nur eine Gleichung*, können wir die Werte der Variablen nicht exakt bestimmen.

An dieser Stelle gehe Ich noch nicht auf mögliche Anwendungen des Konzeptes ein, wer sich trotzdem dafür interessiert findet in der SEP einen Artikel dazu. Ein besonderer Aspekt wird im SEP Artikel zu Quine dargestellt: Indeterminacy of Translation.

D'Ahrc



*x sei die Anzahl der Äpfel und y die Anzahl der Orangen. Es wurde jeweils mindestens ein Apfel und eine Orange gekauft, d.h. x und y können niemals kleiner 1 sein. Die Gleichung lautet also "x + 2y = 10." Es zeigt sich, dass eine gerade Anzahl von Äpfel gekauft werden muss. Die Lösungsmenge lautet also: {(x:2, y:4), (4, 3), (6, 2), (8, 1)}. Welche genau Anzahl gekauft wurde, können wir nur durch zusätzliche Evidenzen ermitteln.

Mittwoch, 9. April 2014

3. Sprache: "wahr" ist nur Empfehlungsmarker

Wenn wir die Vorstellung aufgeben, dass wir die Wahrheit erkennen können, weil wir uns nur im Konsens auf Wahrheit einigen können - und absolute Wahrheit nicht kommunizierbar ist -  und zu dem akzeptieren, dass alle unsere Meinungen durch unsere Perspektive beeinflusst sind, dann müssen wir auch akzeptieren, dass verschiedene Gruppen von Menschen zu verschiedenen Wahrheiten qua Konsens kommen können.

Weil wir uns nicht auf eine Metaperspektive einigen können, von der aus wir die verschiedenen Konsense beurteilen können, ohne dabei selbst einen weiteren Konsens zu errichten, den wir jedoch nicht hinterfragen können, ohne uns dabei der eigenen Grundlage zu berauben (radikale hypothetische Überzeugungen), bleibt uns nichts anderes, als unsere Perspektive als Arbeitshypothese zu empfehlen; "Seh' es doch mal so. Vielleicht bringt es dich weiter."


D'Ahrc

2. Ethik: Gehe den Weg, den du weist!

Warum lehnen wir es ab, von jemanden belehrt zu werden, der dieselben Fehler begeht? Warum lehnen wir eine Moral ab, wenn derjenige, der sie verbreitet, sich selbst nicht daran hält?

Weil es keine absolute Moral gibt, keine Moral in der Welt, keine Moral außerhalb der Gesellschaft, gibt es auch keine Moral, die unabhängig von der Perspektive desjenigen ist, der sie vorträgt.

Wenn wir unsere Moral für richtig halten, dann sagen wir damit, dass wir anderen empfehlen, unsere Perspektive zu übernehmen. Wenn wir aber nicht selbst gemäß unserer Moral handeln, wird unsere Empfehlung zu einem Witz degradiert.


D'Ahrc

Montag, 7. April 2014

1. Begriffe: Relativismus, Perspektivismus, Ethnozentrismus und Historizismus

In diesem Gedankensplitter werde Ich versuchen, eine Unterscheidung zwischen Relativismus, Perspektivismus, Ethnozentrismus und Historizismus zu treffen. An dieser Stelle sollte aber bedacht werden, dass es meine Unterscheidung ist und Ich diese konstruiert habe, um die Begriffe voneinander abzugrenzen zu können. Es handelt sich um eine vorläufige "Arbeitshypothese."

Worin unterscheiden sich also die Begriffe? Auf den ersten Blick scheinen alle vier Begriffe dasselbe zu bezeichnen: dass A relativ zu B ist. Der erste Unterschied besteht darin, was jeweils unter B verstanden wird. A ist in allen vier Fällen eine Aussage.

Beim Perspektivismus wird unter B ein Individuum verstanden. Das Erkenntnisvermögen eines jeden Individuums ist durch Raum und Zeit begrenzt. Der Perspektivismus sagt aus, dass alle Aussagen notwendig relativ zur Perspektive des Individuums sind, welche diese äußert.

Ethnozentrismus und Historizismus sind Spielarten des Perspektivismus, die jeweils den räumlichen respektive zeitlichen Aspekt betonen, unter B wird entweder eine Kultur oder ein geschichtlicher Zeitraum verstanden. Ethnozentrismus betont die Abhängigkeit der Perspektive eines Individuums von der jeweiligen Kultur, in der es sozialisiert wurde. Historizismus betont, dass die Perspektive des Individuums maßgeblich durch seine historischen Lebensumstände bestimmt werden.

Unter Relativismus möchte Ich folgend eine Form von Perspektivismus verstehen, der die zusätzliche Behauptung aufstellt, dass alle Perspektiven gleichberechtigt sind. Perspektivismus ohne diese Behauptung sagt aus, dass es keine Metaperspektive gibt, von der aus andere Perspektiven bewertet werden können. Der Relativismus begeht ein non-sequitur: aus der Unmöglichkeit, Aussagen aus ihrem kulturellen und historischen Kontext zu heben, wird abgeleitet, dass alle Perspektiven gleichberechtigt sind.

Jemand, der behauptet, alle Perspektiven wären gleichberechtigt, überhebt seine Perspektive zur Metaperspektive. Was aber unterscheidet eine Metaperspektive von anderen Perspektiven? Was rechtfertigt jemanden dazu, andere Perspektiven zu beurteilen? Und weshalb sollten andere diese Beurteilung akzeptieren?


D'Ahrc



Zum Begriff Historizismus: Popper kritisiert an dem Begriff, dass er eine Position bezeichne, welche geschichtliche Ereignisse in dieser und jener Form als notwendig aufgrund dieser und jener fundamentalen Prinzipien auszeichne, welche der Vertreter dieser Position entdeckt zu haben glaubt. Generell wird aber unter Historicism die Position verstanden, welche Ich oben grob skizziert habe.

Montag, 3. März 2014

4. Überzeugungen: In Re pro Dubio

Du kennst vielleicht "In Dubio pro Reo" - Im Zweifel für den Angeklagten. Wenn eine Situation nicht eindeutig geklärt werden kann, dann sollte zum Gunsten des Angeklagten entschieden werden.

Ich bin der Meinung, dass wir in jeder Diskussion und zu jedem Thema dem Zweifel den Vorzug geben sollten; "In Re pro Dubio" - In der Sache für den Zweifel.

Wenn wir diskutieren, prallen Meinungen aufeinander. Wir argumentieren, fechten sprachlich für unsere Meinungen, schicken Gründe und Konsequenzen in den Ring, damit sie unserer Meinung im Kampf beistehen.

Wessen Meinungen flexibel bleiben, der kann Angriffe besser parieren, denn flexible Meinungen sind anpassungsfähig, sind wandlungsfähig, evolvieren im Kampf der Meinungen. Meme.

Doch wer nicht zweifelt, dessen Meinungen verhärten, versteinern und verkümmern zu Dogmen. Wenn nun eine stärkere Meinung auftritt, so muss das schwächliche Dogma mit Gewalt verteidigt werden, dann steigen wir selber in den Ring und kämpfen mit Beleidigungen und ... Armeen gegen Meinungen.

Damit unsere Meinungen florieren und nicht verkümmern, votiere Ich für den Zweifel, denn der Zweifel hält Meinungen flexibel und verhindert, dass sie verhärten.

Zweifel ist der Sparringspartner unserer Meinungen - In Re pro Dubio.


D'Ahrc

Montag, 24. Februar 2014

4. Welt: Illusion des Fortschritts

Der Begriff Fortschritt weckt die Vorstellung einer gerichteten Entwicklung. Wer von Fortschritt spricht, meint damit, dass es nun besser ist als vorher. Aber es gibt kein Telos, wir steuern auf kein Endziel hin. Veränderung geschieht und wenn wir diese Veränderung als positiv bewerten, nennen wir sie Fortschritt.

Auch in der Natur gibt es keinen Fortschritt. Wir sind nicht höher- oder weiter- oder was-auch-immer-entwickelt als Primaten. Wir sind anders. Und ebenso ist eine Situation schlicht anders und wir interpretieren die Veränderung als Fortschritt, aber wie Farbe ist Fortschritt nicht in der Welt, sondern in uns.

Viel ausführlicher geht Eckart Voland in dem Artikel Fortschrittsillusion (PDF) auf das Thema ein:

"Der Maßstab, an dem wir Fortschritt messen, erwächst aus unseren ganz persönlichen Präferenzen, Zielen und Wünschen im Hier und Heute eines ausdifferenzierten, informierten, strategisch eigeninteressierten Gehirns. Er ist also selbst gemacht und bleibt damit untrennbar in der Welt des Subjektiven verhaftet."


D'Ahrc

4. Wille: Zwecke deterministisch interpretiert [Splitter]

Wenn wir uns ein Ziel setzen, so sei das Ziel in der Zukunft Ursache für unsere heutigen Taten. Dies ist mit dem Determinismus nicht vereinbar, der eine kausale Ordnung der Welt annimmt.

Wenn wir Ziele jedoch als neuronale Zustände, also als Vorstellungen von zukünftigen Zuständen auffassen, so können diese Zustände schon heute zu Ursachen für unsere späteren Taten werden.


D'Ahrc